Eine Justitia-Statue mit Waage und verbundenen Augen im Vordergrund, symbolisierend Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit. Im Hintergrund liegt ein hölzerner Richterhammer, leicht unscharf, auf einem Buch. Das Bild steht für das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) 2025 und seine rechtlichen Auswirkungen.

BFSG 2025: Das müssen Unternehmen jetzt wissen

BFSG 2025: Das müssen Unternehmen jetzt wissen
13:25
Sandra Lanni, Knowledge Lead User Experience

Digitale Barrierefreiheit wird Gesetz: Das BFSG (Barrierefreiheitsstärkungsgesetz) verpflichtet ab 2025 dazu, digitale Produkte und Dienstleistungen für alle Menschen zugänglich zu gestalten. Viele Unternehmen sind verunsichert: Wer genau ist vom BFSG betroffen? Was fordert das Gesetz konkret? Wir beantworten einige der häufigsten Fragen rund um das BFSG und was es für Websites, Onlineshops und Co. bedeutet.

Der Artikel soll lediglich einen Überblick über das Gesetz geben – für rechtliche Beratung wenden Sie sich an Ihren Anwalt.

Inhalt

 

Was ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)?

Das BFSG ist die nationale Umsetzung des European Accessibility Acts (EAA) und soll sicherstellen, dass digitale Produkte und Dienstleistungen für alle Menschen – insbesondere für Menschen mit körperlichen, sensorischen oder kognitiven Beeinträchtigungen – zugänglich sind. Dazu zählen beispielsweise Websites, Apps, Selbstbedienungsterminals, Online-Shops oder Bankdienstleistungen.

Ziel des Gesetzes ist es, einheitliche Standards für Barrierefreiheit zu schaffen und das Recht von Menschen mit Behinderung auf gesellschaftliche Teilhabe zu stärken.

Für wen gilt das BFSG?

Das BFSG gilt für Unternehmen aller Branchen, die bestimmte digitale Dienstleistungen oder Produkte bereitstellen; insbesondere für solche, die sich an Verbraucher richten (B2C). B2B-Unternehmen fallen nur in Ausnahmefällen (siehe hier) darunter.

Beispiele für betroffene Unternehmen und Produkte bzw. Dienstleistungen sind:

  • Banken: Geldautomaten, Finanzdienstleistungen
  • Personenförderungsdienste: Fahrausweis-Automaten, Online-Fahrplanauskunft
  • Telekommunikationsanbieter: Telefondienste, Router
  • Technologieunternehmen: Computer, Notebooks, Tablets, Smartphones
  • E-Commerce-Unternehmen: B2C-Onlineshops
  • Und viele mehr

Welche Produkte und Dienstleistungen sind vom BFSG betroffen?

Das BFSG beschränkt sich, wie erwähnt, nicht auf bestimmte Branchen. Ob es greift, ist vor allem von den angebotenen Produkten oder Dienstleistungen abhängig.

Produkte, die laut BFSG barrierefrei sein müssen, umfassen: Computer, Notebooks, Tablets, Smartphones, Router, Zahlungsterminals, Geldautomaten, Fahrausweis- und Check-In-Automaten sowie E-Book-Lesegeräte.


Sechs durch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) betroffene Produktkategorien werden in einer grafischen Darstellung mit rautenförmigen Elementen präsentiert. Jedes Element enthält eine schwarze Icon-Grafik mit einer grünen Markierung und eine Bezeichnung. Die Kategorien sind: Router, Geldautomaten, E-Book-Lesegeräte, Computer, Tablets, Smartphones, Laptops, Zahlungsterminals und Selbstbedienungsterminals.


Geht es um Dienstleistungen, sprechen wir über: Telefondienste, Messenger-Dienste, E-Books, Personenbeförderungsdienste, Bankdienstleistungen und elektronischen Geschäftsverkehr.


Sechs durch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) betroffene Dienstleistungskategorien werden in einer grafischen Darstellung mit rautenförmigen Elementen präsentiert. Jedes Element enthält eine schwarze Icon-Grafik mit einer grünen Markierung und eine Bezeichnung. Die Kategorien sind: Telefondienste, Messenger-Dienste, E-Books, Personenbeförderungsdienste, Bankdienstleistungen und Elektronischer Geschäftsverkehr.

Ein schwarzes Warnsymbol in Form eines Dreiecks mit einem Ausrufezeichen in der Mitte. Rechts unten überlappt das Dreieck ein grüner Kreis.
Anmerkung: Elektronischer Geschäftsverkehr

Unter „Elektronischer Geschäftsverkehr“ fallen im Grunde alle digitalen Plattformen, über die Verbraucher Transaktionen oder vertragliche Vereinbarungen tätigen können. Dazu zählen z. B. Onlineshops, Buchungsplattformen, Online-Banking, Online-Marktplätze und allgemein alle Websites oder Apps, die es Verbrauchern ermöglichen, Verträge abzuschließen.


Gibt es Ausnahmen?

Rein geschäftliche Angebote von B2B-Unternehmen fallen in der Regel nicht unter das BFSG. Doch Vorsicht: Unternehmen, die Software für öffentliche Einrichtungen, große Plattformen oder B2C-Schnittstellen entwickeln, müssen die Anforderungen unter Umständen auch einhalten.

Eine weitere Ausnahme bilden Kleinstunternehmen, also Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz von unter 2 Millionen Euro. Für sie wäre der Aufwand für die konsequente Umsetzung des BFSGs oft unverhältnismäßig hoch.

In beiden Fällen gilt: wer auf Nummer sicher gehen will, sollte sich in jedem Fall an einen Anwalt wenden.

Ab wann gilt das BFSG?

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz tritt offiziell am 28. Juni 2025 in Kraft. Websites, Apps, Online-Shops und Co. müssen spätestens bis zu diesem Stichtag vollständig barrierefrei sein, um die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen. Wer keine rechtlichen Konsequenzen riskieren will, sollte also – wenn noch nicht geschehen – spätestens jetzt mit der Planung und Umsetzung beginnen.

Eine vertikale Zeitleiste stellt die wichtigsten Meilensteine des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) dar. Die Zeitleiste enthält vier Stationen mit farbigen Kreisen:  2019 (lila): European Accessibility Act (EAA) tritt in Kraft. 2021 (orange): Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) wird verabschiedet. 28.6.2025 (blau): BFSG tritt in Kraft. 2025–2030 (grün): Mögliche (!) Übergangsfrist.


Welche Übergangsfristen gibt es?

Für bestimmte digitale Produkte gibt es Übergangsfristen, die Unternehmen mehr Zeit für die Umstellung einräumen. Dies betrifft digitale Produkte, die bereits vor dem 28. Juni 2025 auf dem Markt waren. Diese erhalten unter Umständen Zeit bis 2030, um die notwendigen Anpassungen vorzunehmen und die Barrierefreiheit sicherzustellen. Diese Übergangsfrist gilt allerdings nicht für Updates – neue Versionen oder grundlegende Änderungen können bereits früher zu Barrierefreiheit verpflichten.

Achtung: Für Websites, mobile Apps und digitale Dienstleistungen greft die Übergangsfrist nicht! Sie müssen spätestens bis zum 28. Juni 2025 barrierefrei zugänglich gemacht werden, um Strafzahlungen oder andere Konsequenzen zu vermeiden.

Welche Anforderungen stellt das BFSG an Webinhalte?

Für die Barrierefreiheit von Websites, Onlineshops, Apps und Co. müssen sich Unternehmen an eine umfangreiche Liste von Vorgaben halten. Diese finden sich in den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG), dem internationalen Standard für die barrierefreie Gestaltung von Webinhalten.

Konformitätsstufen der WCAG

Die WCAG definieren drei Konformitätsstufen für die Barrierefreiheit digitaler Inhalte. Diese Stufen beschreiben, wie umfassend eine Website, App oder andere digitale Plattform an die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung angepasst ist.

  • Stufe A gewährleistet die minimalen Anforderungen an digitale Barrierefreiheit. Beispielsweise müssen Inhalte für Screenreader zugänglich sowie vollständig mit der Tastatur bedienbar sein und dürfen keine flackernden Effekte enthalten. Stufe A beseitigt lediglich die schwerwiegendsten Barrieren und reicht nicht aus, um die gesetzlichen Vorgaben nach dem BFSG zu erfüllen.
  • Stufe AA erweitert die Anforderungen von Stufe A und stellt sicher, dass digitale Inhalte von den meisten Menschen mit Behinderung genutzt werden können. Unternehmen müssen z. B. für ausreichende Farbkontraste, untertitelte Videos, eine konsistente Navigation sowie verständlich formulierte Fehlermeldungen sorgen. Das BFSG schreibt Stufe AA der WCAG 2.1 als Mindeststandard für Unternehmen vor.
  • Stufe AAA bietet das höchste Maß an Barrierefreiheit und macht Inhalte für nahezu alle Nutzer uneingeschränkt zugänglich. Anforderungen umfassen u. a. sehr hohe Kontrastwerte sowie Live-Audiodeskriptionen für Videos und Texte in leichter Sprache. Obwohl diese Stufe nicht verpflichtend ist, wird sie für öffentliche Institutionen empfohlen.

Barrierefreiheitsanforderungen nach WCAG – Beispiele

Die Liste der WCAG-Richtlinien ist lang und würde den Umfang dieses Blogbeitrags sprengen. Daher beschränken wir uns auf einige Beispiele, geordnet nach den vier Prinzipien der WCAG für Barrierefreiheit: Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Robustheit.

Eine grafische Darstellung der vier Prinzipien der Barrierefreiheit, bestehend aus vier überlappenden, farbigen Kreisen, die sich in der Mitte um ein barrierefrei-Symbol gruppieren. Die Prinzipien sind: wahrnehmbar, bedienbar, verständlich, robust

Wahrnehmbarkeit

Digitale Inhalte müssen so gestaltet sein, dass Nutzer sie wahrnehmen können – unabhängig von ihren sensorischen Fähigkeiten. Beispiele:

  • Alternativtexte für visuelle Elmente ermöglichen es sehbehinderten Nutzern, den Inhalt von Bildern oder Fotos mit dem Screenreader zu erfassen.
  • Mit flexiblen Schriftgrößen lassen sich Texte an die eigenen Bedürfnissen anpassen, ohne dass das Layout der Website beeinträchtigt wird.
  • Gute Farbkontraste, insbesondere zwischen Schrift und Hintergrund, erleichtern das Lesen von Texten.

Bedienbarkeit

Nutzer müssen die Webseite oder App bedienen können – unabhängig von ihren motorischen oder kognitiven Fähigkeiten. Beispiele:

  • Plattformen müssen vollständig per Tastatur, ohne Maus, bedienbar sein, damit auch Menschen mit motorischen Einschränkungen sie nutzen können.
  • Eine sichtbare Fokusmarkierung für aktive Elemente ist insbesondere bei der Tastaturbedienung essentiell, um zu erkennen, wo man sich gerade auf der Website befindet.
  • Blinkende oder flackernde Effekte sollten vermieden werden, da sie epileptische Anfälle auslösen oder Nutzer mit sensorischen Empfindlichkeiten beeinträchtigen können.

Verständlichkeit

Nutzer müssen digitale Inhalte verstehen können – unabhängig von ihrer kognitiven Fähigkeit oder Sprachkompetenz. Beispiele:

  • Die Verwendung einer einfachen und klaren Sprache stellt sicher, dass Inhalte für alle Menschen verständlich sind. Komplizierte Fachbegriffe und lange Satzkonstruktionen sollten vermieden werden.
  • Hilfreiche Fehlermeldungen in Formularen tragen dazu bei, dass Nutzer Probleme schnell erkennen und beheben können. Statt einer allgemeinen Meldung wie „Fehler“ sollte eine spezifische Anleitung gegeben werden, beispielsweise „Bitte geben Sie eine gültige E-Mail-Adresse ein“.
  • Visuelle Unterstützung durch Symbole und Piktogramme erleichtert das Verständnis von Inhalten, insbesondere für Menschen mit Lernschwierigkeiten oder geringen Sprachkenntnissen.

Robustheit

Digitale Inhalte müssen mit verschiedenen Geräten, Browsern und assistiven Technologien kompatibel sein. Beispiele:

  • Ein valider HTML-Code und semantische Strukturen sind essentiell, damit Screenreader Inhalte richtig interpretieren und Nutzern barrierefrei präsentieren können.
  • Die Verwendung von ARIA-Attributen bei dynamischen Inhalten ermöglicht es Screenreadern, interaktive Elemente wie Pop-ups oder ausklappbare Menüs korrekt zu erkennen und vorzulesen.
  • Veraltete Technologien gilt es zu vermeiden, da sie Barrierefreiheitsstandards häufig nicht erfüllen. Insbesondere Flash-Inhalte oder Java-Applets sind nicht mit Screenreadern kompatibel und sollten durch barrierefreie Webtechnologien ersetzt werden.

 

Gibt es Förderungen oder finanzielle Unterstützung?

Symbol mit einem Haken und einem Dollarzeichen.
Finanzielle Förderung: Gemeinnützige Organisationen können bei Aktion Mensch Fördermittel für die Umsetzung barrierefreier Websites und Co. beantragen. Das Land Schleswig-Holstein hat einen Fonds für Barrierefreiheit eingerichtet, der u. a. medizinische Einrichtungen bei der Umsetzung durch externe Dienstleister unterstützt. Auf europäischer Ebene gibt es Initiativen wie "Digitales Europa", die unter Umständen für Barrierefreiheitsprojekte genutzt werden können. Zudem profitieren kleine und mittlere Unternehmen von steuerlichen Anreizen. Weitere Förderprogramme der EU, des Bundes und der Länder finden Sie in der Förderdatenbank des Bundeswirtschaftministeriums

Symbol einer Glühbirne mit kleinen Strahlen, die für eine Idee oder Wissen stehen, neben einer Sprechblase. Ein grüner Kreis hebt das Symbol hervor.
Wissen: Weiterführende Informationen zum BFSG – beispielsweise in Form von Leitfäden, Webinaren und FAQs – stellen unter anderem die Bundesfachstelle Barrierefreiheit, der Beauftragte der Bundesregierung für Informationstechnik oder die örtlichen IHKs (hier z. B. IHK Köln) zur Verfügung.

Symbol zweier sich überlappender Sprechblasen, die ein Gespräch oder Beratung darstellen. Ein grüner Kreis hebt das Symbol hervor.
Beratung: Die Bundesfachstelle Barrierefreiheit bietet Unternehmen eine Erstberatung und beantwortet individuelle Fragen. Allerdings findet sich auf der Website ein Hinweis, dass es aufgrund personeller Engpässe aktuell zu Verzögerungen in der Kommunikation kommen kann. Unternehmen haben auch die Möglichkeit, sich an die Fachstellen für Barrierefreiheit in den Bundesländern Für schnelle Unterstützung rund um Barrierefreiheit stehen wir Ihnen gerne zur Seite.

Welche Strafen drohen, wenn ich das BFSG nicht befolge?

Halten sich Unternehmen nicht an die Vorgaben des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes, drohen Abmahnungen, Bußgelder und rechtliche Schritte. Die Strafe ist vom Schweregrad des Verstoßes abhängig. Mögliche Konsequenzen könnten sein:

  • Zahlung von Bußgeldern: Unternehmen, die die Vorgaben des BFSG nicht einhalten, müssen mit empfindlichen Geldstrafen rechnen. Die Behörden des jeweiligen Bundesländers können Bußgelder von bis zu 100.000 Euro verhängen, wenn digitale Produkte oder Dienstleistungen nicht barrierefrei zugänglich sind. Sowohl Verbraucherschutzorganisationen als auch Verbraucher und Wettbewerber sind befugt, Verstöße zu melden.
  • Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen: Bei Nichteinhaltung der Anforderungen werden Unternehmen von staatlichen oder kommunalen Ausschreibungen ausgeschlossen und müssen ggf. erhebliche Umsatzeinbußen in Kauf nehmen.
  • Imageschäden und Kundenabwanderung: Abgesehen von rechtlichen Konsequenzen können Verstäße auch Reputationsverluste mit sich bringen. 
    Potenzielle Folgen sind negative Bewertungen, schlechte PR sowie die Abwanderung von Kunden, die auf barrierefreie Alternativen ausweichen.

Unternehmen sollten proaktiv handeln, um finanzielle Strafen, rechtliche Konsequenzen und Image-Schäden zu vermeiden.

Fazit

Das Inkrafttreten des BFSG in 2025 ist ein Meilenstein für Gleichberechtigung und Inklusion, stellt aber viele Unternehmen erstmal vor Herausforderungen. Wer die Barrierefreiheit seiner digitalen Angebote noch nicht in Angriff genommen hat, sollte das jetzt schleunigst tun – andernfalls drohen rechtliche Konsequenzen. 

Kontaktieren Sie uns, sollten Sie Hilfe rund um barrierefreie Websites, Apps, Onlineshops oder andere digitale Plattformen benötigen. Wir führen gerne ein Barrierefreiheit-Audit durch und kümmern uns anschließend um die Umsetzung – natürlich unter Einhaltung der BFSG-Anforderungen. Jetzt unverbindliches Erstgespräch vereinbaren!